AUS LIEBE & LEIDENSCHAFT

Auf Spurensuche

Es ist ein trüber Tag anfang März. Durch den großen Garten des Gut Ziegenbergs stapfen drei Herren. Sie sind mit einem Spaten und einem etwas sonderbar anmutenden Ding bewaffnet. Den Blick immer auf den Boden gerichtet, scheinen sie etwas zu suchen. Aber was? Es sind zwei Männer vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie und Karl-Heinz Meyer. Sie suchen die ursprüngliche Ballenstedter Askanierburg.

Zum Geschichtlichen Hintergrund

Nach der Zerstörung des Klosters auf dem Schlossberg in Ballenstedt in den Bauernkriegen im Jahre 1525 erstand aus den alten Gebäuden bis Ende des 18. Jahrhunderts das Schloss. Seine heutige Gestalt erhielt es im 19. Jahrhundert. Auf Veranlassung des Herzogs wurden 1905 durch Baurat Starke Untersuchungen angestellt, die zu dem Ergebnis geführt haben, dass hier oben auf dem Schlossberg keinerlei Reste einer alten Burganlage nachgewiesen werden konnten. Es ist also nicht anzunehmen, dass die Ballenstedter Askanierburg auf dem Schlossberg gestanden hat.

Nun sind aber in Ballenstedt eine Reihe von Herrenhöfen vorhanden gewesen, wie der Oberhof und Niederhof. Dazu gehörte auch die sogenannte Burg, die in älteren amtlichen Schriften auch als »Schloss« bezeichnet wird. Diese Burg hat unweit des alten Marktes gegen­über der Nikolaikirche gestanden. Sie hat mit ihren Anlagen bis an die später als »Holzmauer« bezeichnete Befestigung gereicht. Zu Beckmanns Zeiten (1700) waren noch Reste erkennbar. Er schreibt darüber: »Es ist auch unweit dem Markte ostwerts ein Ort vorhanden / welchen man die alte Burg heißt / und jetzo ganz verödet ist / die Herren von Stammer aber vor vielen Jahren damit belehnet gewesen / mag jedoch vor diesen ansehnlichen Werk gewesen sein / in dem es mit einem tiefen Wassergraben umgeben / auch noch Mauern daselbst von Sandstein zu sehen / worüber ein Keller vorhanden«.

Der Graben wurde zu Beckmanns Zeiten in Fischteiche umgewandelt. Noch um 1900 war ein Rest in Gestalt eines kleinen Teiches vor­handen. Diese Anlage muss als der Stammsitz des Gründers von Ballenstedt angesehen werden. Aus ihr ist später (etwa im 10. Jahrhundert) eine Wasserburg entstanden, wie wir sie in ähnlicher Form in der Gersdorfer Burg wiederfinden. Die Lage dieser Ballenstedter Burg war sehr geschickt gewählt, wurde sie doch im Norden und Westen durch die damals besonders breite Getelniederung geschützt. Ein weiterer Wassergraben floss südlich der Burg vorbei. Er ist heute vielfach begradigt und überdeckt. Im Süden aber bot weiter das Sumpfgelände »In der Mode« Deckung.

Wie lange die Burg bewohnt gewesen ist, kann nicht gesagt werden. Da die Anhaltiner um 1123 ihren Stammsitz auf den Hausberg im Selketal verlegten, ist zu vermuten, dass die Burg in der Unterstadt ihre Bedeutung in der Folgezeit verlor. Merkwürdig ist allerdings, dass über die alte Burg sonst keinerlei urkundliche Nachrichten er­halten sind. Aber auch von der bedeutenden Burg auf dem Kohlberge bei Güntersberge sind uns keine Nachrichten überliefert.

Und was kann man da so sehen?

Aufgrund eines sogenannten Leada-Scans des Landesamtes fand eine Begehung mit Metallsonde statt. Der Scan rechnet alle Bebauung und Bewuchs weg, zeigt die Oberflächenstrukturen und lässt an der Ausbeulung der Stadtmauer im Burggarten eine quadratische Fläche erkennen. Ziel der Begehung war es, weitere Aufschlüsse darüber zu erhalten, ob hier die Burg Anhalt gestanden haben könnte.

Ein Leada-Scan des Landesamtes zeigt das Areal des Gut Ziegenbergs.

Erstaunlich ist, dass nichts aus dem frühen und hohen Mittelalter gefunden wurde. Üblich sind sonst kleine Metallfunde wie Gürtelschnallen, Knöpfe oder handgeschmiedete große Nägel. Auf einem kleinen Areal wurden Bleikugeln und Bleirohlinge/stücke gefunden, die nach Musketenkugeln aussehen. Es könnte sich um Kugeln von kleinen Jagdgewehren oder auch Pistolen/Vorderlader handeln. Dies deutet eventuell auf einen kleinen Schießstand oder Schützenaktivitäten im 17. bis 19.Jahrhundet hin. Es könnte sich lohnen bei den Schützenvereinen in den Chroniken nachzuforschen. Bei den ältesten Pfunden handelt es sich um Klingenkratzer aus Feuerstein mit Scherben aus der Jungsteinzeit, Scherben verschiedenster Gefäße aus dem späten Mittelalter des 14. und 15. Jahrhunderts, Nachmittelalterliche Keramik, die man überall in Städten und in Stadtnähe finden kann sowie einer Münze von 1806 mit sächsischem Wappen.

Das was also gesucht wurde – nämlich das frühe und hohe Mittelalter – wurde nicht gefunden. Das lässt vermuten, dass hier über die Jahre Erdaufschüttungen die Spuren verwischt oder das hier wirklich keine Burg gestanden hat.