Ein Ort zwischen Vergangenheit und Zukunft
Das Gut Ziegenberg soll nun das »zu Hause« des Vereins heimatBEWEGEN werden. Es soll unseren Gästen Ruhe und Rückzugsmöglichkeiten, ein produktives Umfeld, ein ausgewogenes Gleichgewicht aus Einsamkeit und Gemeinschaft, eine anregende kreative Athmosphäre, Entspannung und Ausstausch mit anderen Menschen bieten. Ein Ort an dem jeder Einzelne einige Tage von den täglichen Routinen, dem urbanen Stress, dem Verkehr und Lärm, den Verpflichtungen und der ewig gleichen Alltagssituation Abstand nehmen kann. Ein Ort an dem sich digitale Arbeiter/innen von einer kreativen Gemeinschaft inspirieren lassen, konzentriert arbeiten und die Natur genießen können. Ein Ort wo sich ein jeder ausprobieren und gestalten kann.
Um den vielschichtigen Herausforderungen unserer Zeit begegnen zu können, möchten wir zu interdisziplinärem, generationsübergreifendem Denken und Arbeiten ermutigen, neue Begegnungen, den Austausch mit dem vermeintlich Fremden und lebensnahe Erfahrungen durch gemeinsames Wirtschaften fördern. Wir gestalten eine zukunftssichere Heimat – geistige, räumliche, kulturelle-kreative Heimat, die offen ist für Neues. Dieser Herausforderung möchten wir mit dem Anspruch begegnen das Bewusstsein der Menschen vor Ort für das »Voneinander und Miteinander Lernen und Leben« zu öffnen. Wir wollen einen Ort für eine lebendige Stadtgesellschaft schaffen: »Wohnungsergänzungsräume«, für soziale Treffpunkte, Lernräume und Ausgangspunkt für soziales und kulturelles Engagement. Als gemeinnütziger Verein möchten wir Raum schaffen, um gemeinsam mit unseren Mitmenschen, der Bürgerschaft, der Stadt und der Wirtschaft an koordinierten Zielen zu arbeiten, statt sich um die Verantwortung zu streiten. Mit der Schaffung von offenen Werkstätten bereichern wir die Vielfalt des städtischen Lebens, machen unsere Stadt attraktiv, tragen zur Aufwertung und so zu nachhaltiger Stadtentwicklung oder regionaler Entwicklung bei. Wir fördern die Netzwerkbildung zunächst unter den NutzerInnen, aber auch durch die Pflege unserer Kontakte und die Zusammenarbeit bzw. die Vernetzung mit Schulen, Handwerkern, Künstlern, Initiativen, Gewerbetreibenden etc.
Aus der Geschichte des Gutes Ziegenberg
Nach der Zerstörung des Klosters auf dem Schlossberge in Ballenstedt in den Bauernkriegen im Jahre 1525 erstand aus den alten Gebäuden bis Ende des 18. Jahrhunderts das Schloss. Seine heutige Gestalt erhielt es im 19. Jahrhundert. Auf Veranlassung des Herzogs wurden 1905 durch Baurat Starke Untersuchungen angestellt, die zu dem Ergebnis geführt haben, dass hier oben auf dem Schlossberge keinerlei Reste einer alten Burganlage nachgewiesen werden konnten. Es ist also nicht anzunehmen, dass die Ballenstedter Askanierburg auf dem Schlossberge gestanden hat.
Nun sind aber in Ballenstedt eine Reihe von Herrenhöfen vorhanden gewesen, wie der Oberhof und Niederhof. Dazu gehörte auch die sogenannte Burg, die in älteren amtlichen Schriften auch als »Scloss« bezeichnet wird. Diese Burg hat unweit des alten Marktes gegenüber der Nikolaikirche im Gartengelände des jetzigen Gutes von Happich gelegen. Sie hat mit ihren Anlagen bis an die später als »Holzmauer« bezeichnete Befestigung gereicht. Zu Beckmanns Zeiten (1700) waren noch Reste erkennbar. Er schreibt darüber: »Es ist auch unweit dem Markte ostwerts ein Ort vorhanden / welchen man die alte Burg heißt / und jetzo ganz verödet ist / die Herren von Stammer aber vor vielen Jahren damit belehnet gewesen / mag jedoch vor diesen ansehnlichen Werk gewesen sein / in dem es mit einem tiefen Wassergraben umgeben / auch noch Mauern daselbst von Sandstein zu sehen / worüber ein Keller vorhanden«.
Der Graben wurde zu Beckmanns Zeiten in Fischteiche umgewandelt. Noch um 1900 war ein Rest in Gestalt eines kleinen Teiches vorhanden. Diese Anlage muss als der Stammsitz des Gründers von Ballenstedt angesehen werden. Aus ihr ist später (etwa 10. Jahrhundert) eine Wasserburg entstanden, wie wir sie in ähnlicher Form in der Gersdorfer Burg wiederfinden. Die Lage dieser Ballenstedter Burg war sehr geschickt gewählt, wurde sie doch im Norden und Westen durch die damals besonders breite Getelniederung geschützt. Ein weiterer Wassergraben floss südlich der Burg vorbei. Er ist heute vielfach begradigt und überdeckt. Im Süden aber bot weiter das Sumpfgelände »In der Mode« Deckung.
Wie lange die Burg bewohnt gewesen ist, kann nicht gesagt werden. Da die Anhaltiner um 1123 ihren Stammsitz auf den Hausberg im Selketal verlegten, ist zu vermuten, dass die Burg in der Unterstadt ihre Bedeutung in der Folgezeit verlor. Merkwürdig ist allerdings, dass über die alte Burg sonst keinerlei urkundliche Nachrichten erhalten sind. Aber auch von der bedeutenden Burg auf dem Kohl- berge bei Güntersberge sind uns keine Nachrichten überliefert.
Die Ballenstedter Burg wurde dann von Lehnsträgern der anhaltischen Fürsten auch noch zu einer Zeit bewohnt, als sie von einem Befestigungswerke zu einem adligen Wirtschaftshof geworden war. Lange haben hier, wie aus dem Beckmannschen Bericht hervorgeht, die Herren von Stammer gewohnt. Aus diesem Herrenhof ist dann ein Erbfreigut entstanden, das nach 1700 einem gewissen Harßleben zu eigen war. Zu dem Hofe gehörten damals 4 Hufen (120 Morgen) Acker und eine Wiese am armen Heinrich. Das heute noch vorhandene Herrenhaus in der Burgstraße ist 1698 erbaut worden. Am 2. Juli 1718 hat nun dieser Harßleben den Hof an den Kammersekretär Jacob Rohleder für 5500 Taler mit Rückkaufrecht verkauft. Die Erben des Jacob Rohleder haben gegen einen Nachschuss von 200 Talern das Erbrecht von dem Forstsekretär Victor Ernst Harßleben abgetreten bekommen. Die Erben müssen das Gut später an den Landrichter Andreas Christian Schmidt verkauft haben, denn bereits am 13. Juli 1740 erwirbt es Johann Jacob Funke aus Rieder für 4500 Reichstaler von diesen Erben. Am 6. Oktober 1778 übergibt dieser Funke sein Gut an seinen zweiten Sohn Gottlieb Jacob Funke zur Pacht und verkauft es ihm zwei Jahre später (4. 5. 1780) für 6500 Taler mit Hof am Wohnhaus, Scheunen, Ställen und Garten, auch den dazugekauften Rohlederschen Garten mit 5 Hufen 11 ½ Morgen Acker und 3 Morgen Ackerleute Holzteilung. Durch verschiedene Käufe und Verkäufe werden die Besitzverhältnisse undurchsichtig, so dass genaue Einzelheiten nicht mehr angegeben werden können. Anscheinend besaß der obengenannte Funke zwei Höfe, da wiederholt auch der Niederhof auftaucht.
Der Oekonom Carl Rudolph Hahn erhält am 11. November 1829 den Zuschlag auf den herrschaftlichen vormals Unter-Stammerschen sogenannten Alteburgsgarten mit 570 Taler. Er geht dabei die Bedingung ein, „dass Käufer die künftige bauliche Unterhaltung sämtlicher Umfassungsmauern, als auch des Teiles der daran liegenden Stadtmauer, übernehmen“. Vertrag vom 23. Februar 1830. Dieser Carl Rudolph Hahn stirbt am 5. April 1842. Da sein Sohn Carl noch minderjährig ist, musste das Gut zunächst verpachtet werden (zuletzt an einen Keßler). Am 1. Juni 1847 wird der minderjährige Carl Hahn mit dem Gute belehnt. Er übernimmt es am 1. Juli 1855. Seine fünf Schwestern erhalten laut Testament des Vaters die übrigen nachgelassenen Äcker (123 ¼ Morgen). Durch die Separation entstehen für die Hahnschen Erben keine Nachteile. Statt der im Besitz der Erben befindlichen etwa 100 Einzelparzellen werden ihnen 7 Pläne von insgesamt 308 Morgen zugewiesen.
Nach dem Tode (3. März 1902) des Carl Hahn bewirtschaftete zunächst die Witwe das Gut, das dann am 26. Juni 1902 an den Bankdirektor Koch in Berlin verkauft wird. Er war bereits Besitzer der Villa Ziegenberg auf dem großen Ziegenberg und nannte das neuerworbene Gut „Haus Ziegenberg“. Zunächst wurde der Hof von einem Wirtschafter verwaltet, später verpachtet. Nach der Heirat des Fräulein Koch mit Oberst von Hartrott ging das Gut als Mitgift in Hartrottschen Besitz über. Der Hof blieb weiter verpachtet. Der letzte Pächter war der Amtmann Kortum (1910 – 1922). Nach dem Kriege gingen die Einnahmen stark zurück. Inzwischen übernahm der Sohn des Obersten den Hof. Er versuchte ihn wieder hochzubringen. Der Kuhstall wurde neu ausgebaut, eine eigene Molkerei angelegt, in der Vorzugsmilch hergestellt wurde. Ein groß Teil der Dächer wurde neu gedeckt und der Park hergerichtet. Durch die hohen Ausgaben aber kam der Besitzer in immer größere Schwierigkeiten. Ein Stück Acker nach dem anderen musste veräußert werden, so dass von den 400 Morgen, die ursprünglich zum Hof gehörten, nur noch 130 Morgen übrig blieben. Es waren die schlechtesten Ackerstücke, die noch nicht verkauft werden konnten. 1930 erkannte der Besitzer die Aussichtslosigkeit der weiteren eigenen Bewirtschaftung. Auch der Versuch, durch einen Pächter den Besitz noch zu erhalten, misslang, da bereits nach einem Jahr das gesamte tote und lebende Inventar versteigert werden musste. Inzwischen waren in dem Gutshause die Familien des Ballenstedter Armenhauses untergebracht. Alles, was nicht niet- und nagelfest war, wurde verheizt. Nun versuchte der Besitzer den Hof zu verkaufen. Im Jahre 1936 erstand Dr. Happich das Gut, das zunächst an Herrn Hänsel verpachtet wurde. Man ging daran, den Hof wieder instand zu setzen. Zwei Werkwohnungen wurden gebaut, die Gebäude ausgebessert, doch auch Schwierigkeiten stellten sich ein. Durch den Ausbruch des Krieges 1939 wurde auch Herr Hänsel eingezogen, und seine Frau führte die Wirtschaft weiter. Am 1. Juli 1947 wurde der Hof an Dr. Happich zurückgegeben. Man half sich zunächst mit einem Wirtschaftsführer, bis Eberhard Happich, der inzwischen Landwirtschaft erlernt hatte, den Hof übernehmen konnte.
So ist nun das Gelände des ehemaligen Stammsitzes der Askanier im Laufe der Jahrhunderte zu einem Lehnshof und dann zu einem Freihof geworden. Heute ist es die Lebensgrundlage für einen werktätigen Einzelbauern.
Quelle
Autor Dr. Klocke aus »Blätter für das Ballenstedter Land«, Heft 7
Mit herzlichem Dank an Horst Lange, Ballenstedt