AUS LIEBE & LEIDENSCHAFT

Das große Räumen hat begonnen. Der Einzug steht bevor.

Geschnitten, gesäubert, gesägt, gemäht, entstaubt, behängt, verkabelt, bestaunt, belebt, fotografiert. Das große Räumen hat begonnen im ehemaligen Schulungszentrum „Großer Ziegenberg“ in Ballenstedt. In den nächsten sechs Wochen wird dieser Ort zum Kunstkurort Zauberberg, der vom 14. bis 16. Juni 2019 zu einem Amuse Gueule – einem kleinen Gruß aus der Kulturküche – einlädt. Am Pfingstwochenende beziehen die ersten KünstlerInnen die Räumlichkeiten der ehemaligen Nationalpolitischen Bildungsanstalt und SED-Kreisparteischule.

Regionale und überregionale KünstlerInnen erhalten in den einzelnen Zimmern der Gebäude ihr „Atelier auf Zeit“ – einen Raum, in dem sie BesucherInnen zu sich einladen und sie mit ihren Werken und Projekten vertraut machen können. So beschäftigt sich der Künstler und Literat Prof. Karl Oppermann mit dem Thema „Heimat. Süße Heimat“.

„Sicher ist Heimat mit dem Begriff der Geborgenheit besetzt. Doch in jeder Geborgenheit keimt die Angst. Zu viel Erfahrungen machten wir mit dem Verlust des Glücks, zu viel Panik und Verwüstung erleben wir in der Welt, … . Im Bewusstsein der Last des Gestern ist für mich Heimat jeder Ort der Welt, der Rückhalt und Geborgenheit gibt, um für mehr Frieden in der Welt zu wirken.“

Prof. Karl Opperman

Prof. Karl Oppermann ist in Wernigerode geboren und aufgewachsen. Aus politischer Überzeugung verließ er die DDR. Ab 1950 studierte er an der Hochschule für bildende Künste in Westberlin. 1971 wurde er zum Professor berufen. Er lebte 46 Jahre in Berlin, unterbrochen von vielen Auslandsaufenthalten. 1996 kehrte er in den Harz zurück, baute in Veckenstedt die Kunstscheune auf.

Weiter freuen wir uns im „Atelier auf Zeit“ auf Hans-Wulf Kunze, Fotografie; Thomas Andrée, Bildhauerei & Malerei; Annika Raithel, Malerei; Prof. Ulrich Wohlgemuth, Bildhauerei; Martin Hoffmann, Bildhauerei; Lucien Liebecke, Fotografie; Beate Schoppmann, Malerei und Simone Brühl, Objektkunst & Grafik.

Die BesucherInnen sollen die Kunst und Musik direkt erfahren, auch um die Lust an der Entwicklung des eigenen künstlerischen Potenzials zu wecken. Im „Atelier im Grünen“ können die BesucherInnen des Kunstkurorts sich selbst ausprobieren und ihre kreativen Möglichkeiten entdecken. So geht es unter anderem im Workshop mit Urban-Art-Künstler Jens Besser um die schrille und bunte Welt des Graffiti. Die Liebe zur Natur, blühende Juniwiesen, Waldlichtungen, wo herrliches filigranes Gras wächst, inspirieren Anne Facius zu ungewöhnlichen Kunstschöpfungen und zu Ihrer Performance „Naturmode aus Gräserblüten – eine Modenschau“. Die Performancekünstlerin Rosa me errichtet ein Blumenbuffet mit unzähligen bunten Blumen und wird uns auf eine Reise in die Vergangenheit mitnehmen.

Ein bedeutender Baustein des Projekts widmet sich der historischen Auseinandersetzung mit dem Gebäudekomplex. In einer Ausstellung wird die Geschichte des Ortes aufgezeigt. Regelmäßige Führungen über das Grundstück und durch die verschiedenen Gebäudeteile mit sachkundigen Begleitern ergänzen das Ausstellungsangebot. Die monumentale Architektur des Gebäudeensembles soll über eine Fassadengestaltung von Graffitikünstler Jens Besser eine eigene „künstlerische Rolle“ übertragen bekommen.

Darüber hinaus wird ein umfangreiches Begleitprogramm geboten. KünstlerInnen aus den Bereichen Darstellende Kunst, Literatur, Film, Musik, Lichtkunst und Performance werden auf dem Zauberberg ein Programm präsentieren, das den Aufenthalt auf dem Gelände und in der Ausstellung symbiotisch zu einem Gesamterlebnis fügt. Wir präsentieren unser Programm auf drei Bereichen im Innenhof der Anlage und hinter dem Westflügel auf der Waldbühne. Am Freitag den 14. Juni 2019 lädt ein Sommernachtstraum zum Tanzen und Träumen ein. Am Samstag den 15. Juni 2019 verzaubert Hocus Pocus auf dem Zauberberg mit elektronischer Musik, Theater, Workshops und Interaktionsperformance. Sonntag, den 16. Juni lassen wir gemeinsam mit der Familie mit unserem SONNTAGSSimSalaBim das Wochenende ausklingen.

Das Theaterstück „Ich will was, was du nicht willst“, gespielt von Kerstin Dathe und Roland Mernit, erzählt über die Freuden und Leiden der Demokratie. Zwei wortsprühende, gerade Damen – Marianne Fritz und Kerstin Reichelt – und ein schräg musizierender Herr – Soundmacher Andreas Gensch – nehmen sich im Theaterstück „Brüder unterm Sternenzelt“ den wilden „Eisenhans“ der Brüder Grimm und den bildschönen „Friedrich Goldhaar“ von Wilhelm Busch zur Brust. Und auch die Literatur bekommt ihren Raum: Die Schriftstellerin Bettina Fügemann erzählt in „Kummerbanges Waldgeflüster – Ein Märchen“ über das Mädchen Rike, das mit den Tieren des Waldes um dessen Erhalt kämpft. Das LiteraThiem – eine Gruppe von Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen 16 und 30 Jahren, deren Leidenschaft das kreative Schreiben ist – widmet sich den magischen Momenten: Klischee-Momente, erinnerungswerte Momente, Momente voller Magie, Zauber und Überraschungen. Musiker und Bands wie Hannes Wittmer, KARLSSON, Matthias Marggraff mit seinem E-Cello, Liedermacher Paul Bartsch laden zum Zuhören und Verweilen ein. Und die Jungs von Krach am Bach Beberbeatz, Himmelfahrt Music, Stil vor Talent, Berlin, Elmo Klub, Wernigerode und Kulturanker, Magdeburg versammeln am Samstag Abend das Geschmackvollste an elektronischer Musik, was die Ohren für einen besonderen Sommer brauchen, auf drei Floors an einem Ort.


Zum Kunstkurort Zauberberg

Hoch oben über der Stadt Ballenstedt thront ein historisch-politisch belastetes, raumprägendes Kulturgut, das gewissermaßen als monumentales Stigma von 1934 bis 1989 architektonisch und gesellschaftlich Ballenstedt bestimmte: Zuerst „Nationalpolitische Erziehungsanstalt (Napola)“ und nach dem 2. Weltkrieg als Bezirksparteischule Kaderschmiede der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. Heute herrscht in dem Gebäudeensemble Leere und Stillstand. Lange Gänge, verlassene Seminarräume, vergessene Büros. Im 30sten Jahr der Deutschen Einheit möchten wir die Auseinandersetzung der nachfolgenden Generationen mit diesen zwei so schicksalshaften und denkwürdigen Epochen der deutschen Geschichte anregen, Fragen nach der Zukunft stellen und in den Gebäudekomplex und dem 40 Hektar umfassenden Areal für einige Zeit kulturelles Leben und einen weltoffenen und toleranten Geist einziehen lassen. Im Sommer will sich dieser längst vergessene Ort mit der Veranstaltung KUNSTKURORT ZAUBERBERG als Dialog- und Interaktionsraum für Ballenstedter und Gäste empfehlen und sich zurück ins Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit rücken. Ein Kunst- und Kulturfestival, welches nicht nur durch die Architektur des Ortes selbst einen Teil der Deutschen Geschichte reflektiert, sondern durch die Auseinandersetzung mit Kunst- und Kultur, den Blick für das Zukünftige schärft. Zudem lädt der Zauberberg dazu ein, sich in der Kunst zu erholen und in der Abgeschiedenheit der Berge eigene Gedanken und Träume zu verfolgen. Das Angebot richtet sich an Kinder und Jugendliche, BürgerInnen, Vereine, Einrichtungen und Unternehmen. Veranstaltungen aus den Bereichen Theater, Literatur, Musik, Film, Geschichte und Wissenschaft sollen möglichst viele Menschen auf den Ziegenberg locken.

Mehr zum Programm und zur Veranstaltung unter
www.kunstkurortzauberberg.de